Migräne: Kommt der Schmerz vielleicht vom Rücken?

Migräne zählt zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen weltweit und betrifft rund 10–15 % der Bevölkerung – Frauen häufiger als Männer. Die Beschwerden reichen von einseitigem, pulsierendem Kopfschmerz über Licht- und Geräuschempfindlichkeit bis hin zu Übelkeit und Sehstörungen. Doch was viele nicht wissen: Migräne ist nicht immer nur ein Problem des Gehirns.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Migräne und Rückenschmerz?

Die Verbindung zwischen Migräne und Rückenschmerzen – insbesondere im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) – wird in der Forschung zunehmend beachtet. Studien zeigen [1], dass PatientInnen mit Migräne überdurchschnittlich häufig auch an Nacken- und Rückenschmerzen leiden. Umgekehrt sind chronische RückenschmerzpatientInnen anfälliger für migräneartige Kopfschmerzen. [2]

Warum ist das so?
  1. Verspannungen und Fehlhaltungen: Besonders im Bereich der HWS können muskuläre Verspannungen, Blockaden oder Haltungsschäden sogenannte zervikogene Kopfschmerzen verursachen, die Migräne ähneln oder sie sogar auslösen können.
  2. Nervenreizungen: Die Nerven, die die Kopfhaut versorgen, verlaufen zum Teil durch den oberen Bereich der Halswirbelsäule. Kommt es hier zu Reizungen, kann dies als Kopfschmerz wahrgenommen werden.
  3. Stressbelastung: Chronische Rückenschmerzen führen oft zu Stress – ein bekannter Migräne-Trigger. Ebenso kann chronischer Kopfschmerz zu Muskelverspannungen und Schonhaltungen führen, die wiederum Rücken- und Nackenschmerzen begünstigen.
Was begünstigt Migräne?
Die wichtigsten Auslöser im Überblick:

Migräne entsteht durch eine Kombination aus genetischer Veranlagung und Umweltfaktoren. Zu den häufigsten Triggern zählen:

  • Stress und emotionale Belastung
  • Schlafmangel oder unregelmäßiger Schlafrhythmus
  • Hormonelle Schwankungen (z. B. während der Menstruation)
  • Wetterwechsel
  • Ernährung: Schokolade, Rotwein, Käse, Koffeinentzug, etc.
  • Lichtreize oder laute Geräusche
  • Überanstrengung (körperlich oder geistig)
  • Verspannungen im Nacken und Rücken

Viele Patientinnen und Patienten bemerken, dass sich Migräneanfälle nach einem langen Tag am Schreibtisch oder nach starker körperlicher Belastung häufen. Die Muskulatur rund um Nacken, Schultern und oberen Rücken spielt also eine zentrale Rolle. [3]

Migräne vorbeugen: Was können Patienten selbst tun?

Die gute Nachricht: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Migräneattacken zu reduzieren – sowohl durch Lebensstiländerungen als auch durch gezielte Maßnahmen:

  1. Haltung verbessern und Rückenmuskulatur stärken

Kräftigungsübungen für den Rücken und Nackenbereich sind essenziell. Physiotherapie und gezielte Trainingspläne können dabei helfen, muskuläre Dysbalancen zu korrigieren. Ein ergonomischer Arbeitsplatz und regelmäßige Pausen, in denen man sich bewegt, gehören ebenfalls zur Vorsorge.

  1. Stressmanagement

Autogenes Training, Meditation, progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Yoga können helfen, das Stressniveau zu senken – und damit Migräneanfälle zu vermeiden.

  1. Regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus

Ein strukturierter Tagesablauf mit ausreichend Schlaf ist ein wichtiger Schutzfaktor gegen Migräne.

  1. Migräne-Tagebuch führen

So lassen sich individuelle Auslöser erkennen. Den ÄrztInnen kann dieses Tagebuch Hinweise geben, ob die Beschwerden eher muskulärer oder neurologischer Natur sind.

  1. Ernährung bewusst gestalten

Koffein, Alkohol, Histamine oder Zusatzstoffe in Lebensmitteln können Migräne auslösen. Eine Ernährungsberatung kann helfen, problematische Stoffe zu identifizieren.

Was hilft schnell und effektiv bei akuter Migräne?

Wenn die Migräne zuschlägt, zählt vor allem eines: rasche Linderung.
Folgende Strategien können dabei helfen:

Medikamentöse Therapie

  • Triptane (z. B. Sumatriptan): Spezielle Migränemittel, die bei mittelschweren bis schweren Attacken wirksam sind.
  • Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Naproxen können helfen, vor allem bei leichteren Attacken.
  • Wichtig: Medikamente sollten frühzeitig und korrekt dosiert eingenommen werden.

Nicht-medikamentöse Soforthilfe

  • Kälteanwendungen (z. B. Kühlpads im Nacken)
  • Dunkler, ruhiger Raum
  • Entspannungstechniken
  • Sanfte Mobilisation durch einen geschulten Therapeuten – insbesondere im Bereich der HWS, wenn ein Zusammenhang vermutet wird.

Manuelle Therapieosteopathische Behandlungen oder Triggerpunktmassagen sind Maßnahmen, die bei Migräne, hervorgerufen oder verstärkt durch HWS-Blockaden, äußerst hilfreich sein können.

Wann zum Arzt?

Nicht jeder Kopfschmerz ist gleich eine Migräne – aber bestimmte Warnzeichen sollten sehr ernst genommen werden:

  • Plötzlicher, extrem starker Kopfschmerz („Donnerschlagkopfschmerz“)
  • Neu aufgetretener Kopfschmerz bei über 50-Jährigen
  • Begleiterscheinungen wie Sprachstörungen, Lähmungen oder Sehstörungen
  • Zunehmende Häufigkeit oder Schwere der Anfälle
  • Keine Besserung durch übliche Medikamente

In solchen Fällen ist eine neurologische Abklärung dringend erforderlich und es muss unverzüglich ein Krankenhaus aufgesucht werden!

Achtung! Die ersten 3 Warnzeichen können auch Symptome eines Schlaganfalls sein!

Fazit: Migräne ist mehr als ein Kopfschmerz

Migräne und Rückenschmerzen sollten nicht isoliert betrachtet werden. Verspannungen, Fehlhaltungen und Stress wirken als Verstärker – oder sogar als Ursache – für migräneartige Beschwerden. Eine ganzheitliche Behandlung, die sowohl die Muskulatur als auch die Lebensgewohnheiten in den Blick nimmt, bietet gute Chancen auf Linderung.

Bei Verdacht auf migräneassoziierte Rückenschmerzen ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zielführend.

Ob durch gezielte Krankengymnastik, manuelle Therapie, Haltungsschulung oder präventive Maßnahmen: Die Rückenzentren können ein wertvoller Partner in der Migränebehandlung sein – und dabei helfen, den Schmerz nicht nur im Kopf, sondern auch im Rücken in den Griff zu bekommen.


Unser Tipp:

Im Netz finden Sie unter HEADBOOK https://headbook.me die Migräne- und Kopfschmerz-Community der Schmerzklinik Kiel, bei der sich UserInnen gegenseitig bei medizinischen Fragen helfen und Wissen, Informationen und zahlreiche Tipps untereinander austauschen.


Studien:

[1] Prevalence of neck pain in migraine: A systematic review and meta-analysis; National Library of Medicine: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35166137/

[2] The association between headache and low back pain: a systematic review, Journal of Headache and Painhttps://thejournalofheadacheandpain.biomedcentral.com/articles/10.1186/s10194-019-1031-y?utm_source=chatgpt.com

[3] Comparison of cervical muscle isometric force between migraine subgroups or migraine-associated neck pain: a controlled study; nature – scientific reports: https://www.nature.com/articles/s41598-021-95078-4?utm_source=chatgpt.com

Autor: Carina Mallwitz

Redaktion Rückhalt I Der Blog vom Rückenzentrum

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