Hilfe Bauchfett. Warum der falsche Fettanteil auch unseren Rücken schwächt.

Was hat eigentlich der Bauch mit unserem Rücken zu tun? Welche unterschiedlichen Arten von Bauchfett gibt es? Und warum ist es so wichtig, an der Reduktion eines ganz bestimmten Bauchfettes zu arbeiten? In diesem Artikel finden Sie Antworten und Infos auf dem Stand der Wissenschaft und gleichzeitig konkrete Tipps für den Alltag.
Ein Gastbeitrag von Claudia Hansen, M. Sc. Ernährungswissenschaften.

Gut zu wissen

Die Zusammenhänge zwischen Rücken und Bauch sind im ersten Moment nicht wirklich ersichtlich.

Aber der Bauch mit seinen unterschiedlichen Muskel- und Fettstrukturen wirkt auf den gesamten Organismus – auch auf den Rücken.
Zusammen mit der Gesäß-Muskulatur bilden die Bauchmuskeln ein natürliches „Korsett“ (1). Es hält Becken und Wirbelsäule aufrecht und schützt beide vor Fehlbelastungen und Druck.

Die Bauchmuskulatur arbeitet dabei eng mit den Hüftbeugemuskeln zusammen, die bei allen Geh-, Hüpf- und Laufbewegungen zum Einsatz kommen und unseren Rumpf beim Sitzen, Stehen und Gehen stabilisieren.
Diese wichtige Stützfunktion kann die Muskulatur nur leisten, solange sie gut ausgebildet ist. Untrainierte Muskeln werden zunehmend kraftlos.

Zusätzliche Fettpolster im Bauchbereich können zu Fehlhaltungen und einer Überbelastung des Rückens führen (1). Eine gut trainierte Bauchmuskulatur wirkt sich deshalb immer positiv auf die Stabilisierung der Wirbelsäule und des Rückens aus. Gleichzeitig hilft es natürlich auch optisch, die ungesunden Fettpolster am Bauch los zu werden.

Es zeigt sich zudem: Wer zu viel Bauchfett mit sich herumträgt, muss früher oder später damit rechnen, dass der Hormonstoffwechsel in seinem Bauch durcheinander gerät. Nicht allein der Insulinstoffwechsel kann aus dem Lot kommen, das Fettgewebe im Bauch stellt Hormone her, die den Stoffwechsel, die Gefäße und das Immunsystem des Körpers empfindlich stören können (1).

Zwei Arten Bauchfett mit einem entscheidenden Unterschied

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Beim Bauchfett unterscheidet man zwischen zwei Arten:

  • Dem subkutanen und
  • Dem viszeralen Fettgewebe.

Das subkutane, also das Unterhaut-Fettgewebe können Sie mit den Fingern greifen, wenn Sie den Bauch einziehen. Solange die Blutfettwerte niedrig sind, stellt dieses Bauchfett eher ein optisches Problem als ein gesundheitliches Risiko dar (1).

Beim viszeralen Bauchfett sieht das anders aus. Es liegt unter den Bauchmuskeln auf den Darmschlingen und lagert sich an den Bauchorganen an, die viel Stoffwechselarbeit leisten (1). Eine Vielzahl von Botenstoffen wird in diesem Fettgewebe produziert, die zwar notwendig sind, aber im Übermaß, oder nicht ausreichend gebildet, zu Krankheiten führen können (2). Ist beispielsweise der Botenstoff Angiotensinogen übermäßig im Blut vorhanden, schnellt der Blutdruck nach oben (1; 3). Außerdem kann das Überangebot an Fettsäuren aus dem Bauchfett die Insulinrezeptoren an den Körperzellen blockieren und somit zu Insulinresistenz und Diabetes mellitus Typ 2 führen (2). Adiponektin – ein Hormon, das vor entzündungsbedingten Gefäßschäden schützen kann – wird durch die Bauchfettzellen in immer geringeren Mengen hergestellt. Fehlt das Adiponektin, kommt es zu einer erhöhten Ausschüttung entzündungsfördernder Botenstoffe, wie z. B. TNF-alpha* (nach 4). Über den Blutweg können diese auch in andere Bereiche des Körpers gelangen, wie das Herz, die Leber oder die Bauchspeicheldrüse.

Wichtig: Wird das viszerale Bauchfett reduziert, gehen Entzündungen zurück und gleichzeitig kann sich die Muskulatur entspannen. Dieser Effekt wirkt sich auch positiv auf den Rücken aus.
Dem Bauchfett den Kampf ansagen

Dem Bauchfett den Kampf anzusagen erfordert natürlich eine Umstellung lieb gewonnener Gewohnheiten – und das im optimalen Fall – für den Rest des Lebens. Aber schon ein paar einfache Änderungen persönlicher Essgewohnheiten genügen, um das Körpergewicht um fünf bis zehn Prozent zu reduzieren (1). Dadurch sehen Sie nicht nur besser aus, Sie senken auch Ihr Risiko für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen (1) und helfen gleichzeitig, Rückenprobleme in den Griff zu bekommen.

Vergleichbar mit einer Verhaltenstherapie sind gesundes Essen und Trinken erlernbar. Wenn wir uns beispielsweise leicht und beschwingt fühlen, weil es uns gelingt, mehr Gemüse und Obst zu essen, verankert sich diese positive Erfahrung bei uns. Sie kann so zu einer automatisch abrufbaren Verhaltensweise werden. Zusammen mit physiotherapeutischen Übungen kann die gesunde aufrechte Haltung wiederhergestellt werden und entsprechend zur Genesung des Rückens beitragen.

Wichtig: Zur Erhaltung der Gesundheit ist die Reduktion des Bauchfettes dringend erforderlich!

Die Verminderung des ungesunden Bauchfettes sollte also unbedingt ein Ziel zur Erhaltung ihrer Gesundheit sein. Die gute Nachricht ist: Beim tiefen Bauchfett zählt jedes Kilo weniger. Und es ist genau dieses Bauchfett, das beim Abnehmen mit als Erstes abgebaut wird. Das ist häufig auch der Grund, warum bereits ein paar Kilos weniger auf der Waage die Blutwerte messbar verbessern.

Im Folgenden sind ein paar Tipps aus der Welt der Ernährung für Sie zusammengestellt, mit denen man das überschüssige Bauchfett wieder los wird. Schauen Sie, was zu Ihnen passt und probieren Sie es aus. Zusammen mit der täglichen Portion Bewegung (z. B. intensiv mit HIIT** oder mäßig mit Walking/Jogging) und regelmäßigem Krafttraining (mindestens 2 mal pro Woche, z. B. Übungen mit dem eigenen Körpergewicht wie Kniebeugen, Liegestütz, Unterarmstütz) sagen Sie Ihrem Bauchfett „Bye-Bye“ und helfen Ihrem Rücken sowie dem gesamten Wohlbefinden.

Tipp 1: „Gemüse, Gemüse, Gemüse“

Die Basis Ihrer Ernährung sollte aus Gemüse, zubereitet mit hochwertigem Öl (z. B. natives Oliven-, Nussöl), und zuckerarmen Obstsorten (z. B. Beeren) bestehen. Beim Gemüse sind z. B. alle Kohl- und Salatsorten, Bohnen, Möhren, sowie alle Pilzarten, Fenchel usw. geeignet. Mais und Süßkartoffeln enthalten viel Zucker und sollten vermieden werden. Waren Gemüse und Obst bisher nur gelegentlich auf dem Teller, dann kaufen Sie zunächst nur die Sorten, von denen Sie wissen, dass sie Ihnen schmecken. Das macht Sie zum Wiederholungstäter.

Tipp 2: „Greifen Sie zum vollen Korn“

Achten Sie beim Einkauf auf Nahrungsmittel mit einem 100-prozentigen Vollkornanteil, denn Vollkorn liefert viele Ballaststoffe, wie z. B. Cellulose. Zum einen binden manche Ballaststoffe zusätzlich Wasser und quellen im Magen weiter auf, so dass das Volumen des Speisebreis vergrößert wird (5). Zum anderen wird eine ballaststoffreiche Mahlzeit länger gekaut. Beides trägt zu einem schneller einsetzenden und länger anhaltenden Sättigungsgefühl bei.

Tipp 3: „Die 80 % – Regel“

Der Begriff „Kalorische Restriktion“ bedeutet weniger Kalorien aufzunehmen als man verbraucht. So erreichen Sie eine negative Energiebilanz. Der Organismus greift auf Energiereserven z. B. aus dem Bauchfett zurück. Mühsames Kalorienzählen ersparen Sie sich indem Sie den Leitsatz beherzigen: „Ich esse mich nur zu 80 % satt“. 

Tipp 4: „Große Pausen helfen“

Jede Form des Intervallfastens kann hilfreich sein. Im Fasten-Zustand zieht der Organismus zunehmend freie Fettsäuren und Ketonkörper zur Energiegewinnung heran (6). Somit wird der Glukosebedarf gesenkt und der unerwünschten Energiegewinnung durch Proteinabbau vorgebeugt. Denn Proteine werden gebraucht, da sie eine Vielzahl von Funktionen im menschlichen Körper haben. Für das Intervallfasten lassen Sie z. B. über Nacht 16 Stunden Pause zwischen Abendessen und der ersten Mahlzeit des Tages. Und essen Sie möglichst nur zwei Mahlzeiten pro Tag. Zwischenmahlzeiten sollten vermieden werden – prinzipiell eignen sich aber Nüsse oder Schokolade mit einem hohen Kakaoanteil (85 %). Vermeiden Sie den Genuss von Alkohol, Limonaden sowie Energydrinks. Zuckerfreie Getränke wie Wasser, Tee und schwarzer Kaffee sind erlaubt. Fasten wirkt durch Reduktion des Bauchfetts senkend auf Blutdruck und Lipide, hormonregulierend, abwehrstärkend und entzündungshemmend (2). 

Tipp 5:Eiweiß richtig portionieren“

Proteine bestehen aus Aminosäuren und erfüllen eine Vielzahl von Signalfunktionen im Körper. So sind sie Bestandteile von Zellen, Geweben und Organen oder werden für Bewegungsabläufe, wie z. B. der Muskelkontraktion gebraucht. Andere transportieren den Sauerstoff von der Lunge zu den Organen, um nur einige Aufgaben zu nennen. Proteine machen satt und verhindern Heißhungerattacken. Sie sollten täglich etwa 1,0 g Protein/kg Körpergewicht aufnehmen. Das ist mehr als beispielsweise die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen 0,8 g/kg (7). Aber aktuelle Daten deuten darauf hin, dass ein höherer Proteinanteil in der Nahrung u. a. die Körperzusammensetzung, die Sättigungsregulation und das Fettverteilungsmuster positiv beeinflusst (8, 9). Der Stoffwechsel sowie die Proteinsynthese im Skelettmuskel werden angeregt (9). Verteilen Sie die Eiweißaufnahme auf mehrere Mahlzeiten. So kann es vom Körper gut aufgenommen werden. Gute Proteinquellen sind: mageres Fleisch, Fisch, Eier, Quark, Tofu, Nüsse und Hülsenfrüchte (Bohnen, Linsen, Kichererbsen). Die Aufnahme von 15 g Protein ist beispielsweise durch eine Portionsgröße Magerquark (125 g) oder eine Portion Tofu (110 g) gewährleistet.

Tipp 6: „Finger weg von Fertiggerichten“

Vermeiden Sie vor allem den Konsum verarbeiteter Nahrung, wie z. B. Instantsuppen oder Fertiggerichten, abgefüllt in Konserven. Dieses „convenience food“ ist in der Regel zuckerreich, stärkereich und reich an industriellen Transfettsäuren. Ebenfalls nicht zu empfehlen sind prozessierte Wurst- und Fleischwaren, die häufig sehr viel Fett enthalten und zudem mit Konservierungsstoffen haltbar gemacht werden.

Tipp 7: „Bleiben Sie dran“

Transparenz hilft Ihnen dabei, die erlernten Veränderungen im Essverhalten in einen automatisierten Vorgang im Bewusstsein zu verankern. Machen Sie Ihren Erfolg sichtbar, indem Sie 1 x wöchentlich möglichst zum gleichen Zeitpunkt ein Maßband um die Taille legen und den Bauchumfang messen. 

Verändern Sie den Kontext Ihres bisherigen Essverhaltens. Tauschen Sie z. B. die Süßigkeiten im Küchenschrank durch gesunde Snacks wie Mandeln aus . Die Limonaden machen Platz für Biotee mit ansprechendem Verpackungsdesign.

Freuen Sie sich über den abnehmenden Bauchumfang, die wiederkehrende Energie und Lebensqualität und die Linderung von Bewegungsschmerzen z. B. im Rücken.

Und das Schöne: jedes Gramm weniger Bauchfett fördert eine gesunde Körperhaltung, unterstützt den Muskelaufbau und trägt zur Genesung jeglicher Rückenprobleme bei.


Autorin:
Claudia Hansen ist M.Sc. Ernährungswissenschaftlerin und freiberufliche Ernährungsberaterin.
Ihr Fachgebiet ist die „Ernährungsbedingte Gesunderhaltung ab dem 50ten Lebensjahr“.
Beratungstermine und Vorgespräche können telefonisch oder per Mail vereinbart werden. Kontakt: hansen@ernaehrung-praevention.de oder +49 (0) 173 64 62 678
Website: https://www.ernaehrung-praevention.de


*Tumornekrosefaktor-alpha
**High-intensity interval training

Literaturverzeichnis

1.Despeghel, M. Ran an den Bauch 2008: 14f
2.Elmadfa, I.; Leitzmann, C. Ernährung des Menschen 2019: 141f.; a. 252
3.Preedy, V. R.; Ross, J. H. Adipokines 2016: 37
4.Ganten, D.; Ruiz-Torres, A.; Ruckpaul, K. Molekularmedizinische Grundlagen von altersspezifischen Erkrankungen 2013: 269
5.Biesalski, H. K., Grimm, P., Nowitzki-Grimm, S. Taschenatlas Ernährung 2020: 86-88
6.Lechner, K.; Erickson, N., Lechner, B., Horn, F. Ernährungsempfehlungen beim metabolisch-vaskulären Syndrom 2017, in: Deutsche Medizinische Wochenschrift; 142: 1613-1626
7.Deutsche Gesellschaft für Ernährung – Wieviel Protein brauchen wir? 2017, in: DGE aktuell, https://www.dge.de/presse/pm/wie-viel-protein-brauchen-wir/, 21092020
8.Berryman, C. E., Agarwal, S., Lieberman, H. R., Fulgoni, V. L., 3rd, & Pasiakos, S. M. Diets higher in animal and plant protein are associated with lower adiposity and do not impair kidney function in US adults 2016 The American journal of clinical nutrition 104(3): 743–749
9.Layman, D. K., Anthony, T. G., Rasmussen, B. B., Adams, S. H., Lynch, C. J., Brinkworth, G. D., & Davis, T. A. Defining meal requirements for protein to optimize metabolic roles of amino acids 2015 The American journal of clinical nutrition101(6): 1330S–1338S

Autor: Carina Mallwitz

Redaktion Rückhalt I Der Blog vom Rückenzentrum

4 Gedanken zu „Hilfe Bauchfett. Warum der falsche Fettanteil auch unseren Rücken schwächt.“

  1. Ein sehr schöner Artikel – der motiviert,
    insbesondere dadurch, dass Feindbilder aufgebaut werden:
    Mit Feindbild ist jetzt der dicke Bauch gemeint,
    der schadet – wenn ich nicht weglaufe
    und eine andere Richtung nehme.
    Es braucht doch wieder Distanz zum Problem,
    um die Gefahr im eigenen Körper zu erkennen,
    und um wieder einen klaren Kopf zu kriegen,
    damit man handeln und gegensteuern kann.

    Natürlich ist Frustessen ein eingefahrenes Muster,
    aber auch wieder – ein Handeln aus dem Unbewussten.
    Es braucht Distanz und einen klaren Blick
    Danke für den guten Artikel
    Nelly

    1. Vielen Dank für Ihr positives Feedback.
      Wir sehen den „dicken Bauch” eher als Konkurrenten an, den wir in den Griff bekommen sollten, um wieder zu einer guten Gesundheit zu gelangen.
      Und Sie haben vollkommen recht! Ein Perspektivwechsel ist ein guter Weg, um die Dinge neu zu bewerten und zu verändern.
      Viele Grüße vom Michel!

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