Fasten – Altes Wissen neu entdeckt
Beim Fasten machen Körper und Geist die Erfahrung, dass nicht jedes Hungergefühl gleich weggegessen werden muss.
„Ein Portiönchen für jedes Hüngerchen ist evolutionsgeschichtlich Unsinn.”
Prof. Frank Madeo, Biochemiker und Alternsforscher
Während nicht nur der Appetit, sondern auch der körperliche Grundumsatz beim Fasten abnehmen und sich der Körper an den Mangelzustand anpasst, kann diese „Zeit der Entbehrung” u. a. dazu anregen, die eigenen Essgewohnheiten zu überdenken. Viele haben im Anschluss an eine Fastenzeit einen aufmerksameren und gesünderen Umgang mit ihrer Ernährung und bewegen sich zusätzlich mehr.
Fasten ist keine Diät. Das Erlebnis löst aber bei vielen eine Motivation für einen gesünderen Lebensstil aus.
Darüber hinaus verbessert das Fasten aber noch weit mehr:
- zahlreiche Stoffwechselsysteme regenerieren
- das Immunsystem wird gestärkt
- der Blutdruck sinkt
- Blutwerte wie Blutzucker und Cholesterin bessern sich
- die Zellen reinigen und reparieren sich
- das ungesunde, viszerale Bauchfett wird abgebaut ³)
- die Darmschleimhaut und alle Mikroorganismen im Verdauungstrakt erholen sich.
Es ist unbestritten, dass Fasten die Selbstheilung bzw. heilsame Prozesse im Körper anstößt.
Und noch ein weiterer positiver Effekt darf nicht unerwähnt bleiben: Die Selbstwirksamkeit.
Jeder, der erfolgreich gefastet hat, hat sich selbst bewiesen wie selbstwirksam er ist. Eine schwierige Situation wurde allein gemeistert. Dieses Vertrauen in sich selbst macht es im Anschluss leichter, erfolgreich längerfristige Änderungen bei der Ernährung oder Bewegung durchzuhalten.
Was passiert beim Fasten?
Nach einem Tag Fasten sind die Speicherzuckervorräte, Glykogene, in Leber und Muskel aufgebraucht, der Körper beginnt nun seinen Energiebedarf komplett aus seinen Fettreserven zu decken. Nach einigen Tagen tritt nur noch selten Hunger auf, die körpereigenen Regulationssysteme sind auf das Fasten eingestellt, eine entzündungshemmende Wirkung feststellbar.
Darüberhinaus fördert der zeitweilige Verzicht eine gesunde Hirnalterung bis hin zur Regulierung neurodegenerativer Erkrankungen.
„Die Evolution des menschen Gehirns ist stark vom Druck knapper Nahrungsressourcen beeinflusst gewesen.”
Mark Mattson ²)
Aufgrund der Tatsache, dass der Körper keine Nahrung verdauen muss, muss er auch kein Insulin ausschütten. Das ist die beste Voraussetzung für eine Art zellinternes Recycling. Die sogenannte Autophagie ¹). Eine wahre Verjüngungskur, denn je älter wir werden, desto mehr „zellulärer-Abfall” sammelt sich an. Bei der Autophagie werden defekte oder alte Zellen durch körpereigene Prozesse aufgelöst. Dieser Zellabfall wird in den zellinternen Verdauungstrakt (Lysosom) transportiert, wo das Nützliche daraus wiederverwertet, sprich recycelt wird.
Weiterer Vorteil: Krankheitserreger oder Fremdstoffe, die in die Zelle eingedrungen sind, können so ebenfalls unschädlich gemacht werden.
Weil die Zellen insbesondere bei ausbleibender Nahrung altes Zellmaterial wiederverwenden, ist ein regelmäßiges Intervall-Fasten s. u. (8 Stunden essen/ 16 Stunden fasten) ebenfalls für die Autophagie von großem Nutzen.
Die molekulare Autophagie-Maschinerie kann dann besonders gut arbeiten, wenn der Körper durch Nahrungsentzug zeitweilig kein Insulin ausschüttet. Je häufiger wir hingegen essen, umso mehr wird Insulin freigesetzt und der Prozess dadurch gehemmt.
Heilfasten nach Buchinger als therapeutisches Fasten
Für welche Fasten-Methode Sie sich entscheiden, obliegt ganz Ihnen. Die wohl bekannteste und gängigste ist das Fasten nach Buchinger, vielfach auch als Saft- oder Suppenfasten bezeichnet.
Dabei wird täglich eine geringe Kalorienmenge bis max. 500 kcal in Form von flüssiger Nahrung zugeführt. (Im Gegenteil zum Null-Kalorien Fasten hat das den Vorteil, dass keine Muskelmasse verloren geht.) Ansonsten darf ausreichend Wasser (ohne Kohlensäure) oder ungesüßter (Kräuter-) Tee getrunken werden (insgesamt kommen Sie so auf eine Trinkmenge von 3 l).
Bewegung, Entspannung, evtl. ein Leberwickel und ein Abführtag runden die Fastenkur ab.
Bevor Sie mit dem Fasten beginnen, sollten Sie 2 Entlastungstage einplanen, während derer Sie auf Kaffee und schwarzen Tee, Alkohol, Fleisch und Milchprodukte verzichten und stattdessen viel Gemüse, Reis und Obst essen.
Nach dem Fasten
Da sich der Stoffwechsel im reduzierten Grundumsatz befindet, empfiehlt es sich bei der Nahrungsaufnahme zunächst maßvoll zu sein und in den ersten 3 Tagen nach dem Fasten den Speiseplan langsam aufzubauen. Für einen langfristigen Erfolg empfehlen wir gesund und ausgewogen zu essen.
In der Praxis gibt es nur selten den berüchtigten Jo-Jo-Effekt, da die meisten Menschen durch die Fastenerfahrung ihre Essgewohnheiten ändern.
10 Fastentage = 2 Entlastungstage - 5 Fastentage - 3 Aufbautage
Intervall-Fasten
Spätstück statt Frühstück
Intervall-Fasten oder intermittierendes Fasten heißt nichts anderes als nur in begrenzten Zeitintervallen zu essen. Somit kann täglich eine kleine Fastenzeit zwischen dem Abendessen und einem späten Frühstück einlegt werden, indem man im besten Fall die letzte Mahlzeit des Tages um 18 Uhr zu sich nimmt und bis zur nächsten Nahrungsaufnahme 14, besser noch 16 Stunden wartet. Zwischen 10 Uhr und 18 Uhr darf dann gegessen werden, und zwar das, worauf man Appetit hat. (Welcher Zeitintervall am besten in Ihren Tagesablauf passt, bestimmen Sie natürlich selbst. Denkbar wäre z. B. auch eine Pause zwischen 21 Uhr bis 13 Uhr).
Wer es besonders gut machen möchte, achtet während der Essensphase auf:
- gute Fette, insbesondere Omega-3-Fettsäuren
- viele Ballaststoffe
- wenig Kohlenhydrate und Proteine, diese vorwiegend pflanzlich
- gesundes Eiweiß
- den Verzicht von raffiniertem Zucker
- den Verzicht von Snacks, dafür darf sich aber zu den Mahlzeiten satt gegessen werden.
Der Körper dankt diese Form der Ernährung mit einer besseren Verwertung, sprich weniger Fetteinlagerungen und mehr Autophagie.
Bitte achten Sie auch immer auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Trinken Sie möglichst viel Wasser und Tee. Verzichten Sie beim Kaffee auf die Milch!
Darf jeder fasten?
Fasten ist eine höchst wirksame Methode der Prävention und letztlich für fast alle Menschen möglich. Zu beachten sind nur wenige Kontraindikationen. Nicht fasten dürfen Kinder, Jugendliche, Schwangere, stillende Frauen und Menschen mit Essstörungen wie Anorexie oder Bulimie. Auch sollten Menschen mit Beschwerden durch Gallensteine oder Gicht vom Fasten absehen. Menschen mit Vorerkrankungen sollten nach Absprache mit ihrem Arzt und ggf. unter ärztlicher Aufsicht fasten. Medikamente müssen evtl. nach Rücksprache mit dem Arzt neu dosiert werden.
Ansonsten kann ein jeder durch die wohltuenden Effekte des Fastens seine Gesundheit verbessern.
Zu guter Letzt
Die Autophagie lässt sich durch Ernährung mit ausreichend Pausen (Intervall-Fasten) und zusätzlicher Bewegung fördern. Allem voran stehen in diesem Zusammenhang das Krafttraining als auch das Ausdauertraining, insbesondere das Intervalltraining, auf dem Plan. Zusammen sorgt das für mehr Leistungsfähigkeit und Vitalität und Unterstützung des Anti-Aging-Effekts.
Diese und weitere Informationen sind u. a. nachzulesen in den Büchern:
- „Gesundheit zwischen Fasten und Fülle” – Warum Nahrungsverzicht Gehirn, Geist und Körper jung hält – von Dr. Ulrike Gebhardt, promovierte Biologin und Wissenschaftsjournalistin.
- „Mit Ernährung heilen” von Prof. Dr. Andreas Michalsen, Internist und Professor für Klinische Naturheilkunde an der Berliner Charité.
Ein Interview mit Professor Dr. Michalsen zum Thema Fasten hören Sie im Podcast der TK. https://tkgesundheit-mit-prof-dr-andreas-michalsen
Für die Erforschung der Mechanismen dieses Phänomens wurde 2016 der Nobelpreis für Medizin verliehen. Der japanische Nobelpreisträger, Yoshinori Ohsumi, hat anhand von Hefezellen untersucht, welche Vorgänge bei der Autophagie ablaufen und welche Rolle sie für die Gesundheit der Menschen spielen. Der Zellbiologe konnte so den Effekt der Zellerneuerung nachweisen. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24560926/
²) Mark Mattson, Laboratory of Neuroscience National Institut on Aging/ Baltimore. Adaptive responses of neuronal mitochondria to bioenergetic challenges: Roles in neuroplasticity and disease resistance (Raefsky and Mattson 2017) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27908782/
Auszug: Der metabolische „Wechsel“ der Energiequelle während des Fastens von aus dem Leberglykogenspeicher stammender Glukose zu aus Fettzellen stammenden Fettsäuren […] scheint ein entscheidender Auslöser dafür zu sein, das Lernen und Merken und die zugrunde liegende synaptische Plastizität und Neurogenese (Bildung von Nervenzellen im Gehirn) zu verbessern.
³) Wie Sie dem viszeralen Bauchfett den Kampf ansagen, lesen Sie in unserem Blogbeitrag: Wie Bauchfett unseren Rücken schwächt.