Wer bei längerem Stehen ein Durchbrechgefühl im Rücken hat und sich z.B. beim Anstehen an der Supermarktkasse gerne auf den Einkaufswagen stützt, um die Schmerzen zu lindern, könnte unter einem „Facettensyndrom“ leiden.
Ursache ist oft ein Verschleiß in den kleinen Wirbelgelenken (Facettengelenken).
Ein Facettensyndrom kann in jedem Abschnitt der Wirbelsäule auftreten, ist aber am häufigsten im Bereich der Lendenwirbelsäule (lumbales Facettensyndrom), da diese die größte Last zu tragen hat.
Facettengelenke bilden die gelenkigen Verbindungen der Wirbel. Sie geben der Wirbelsäule gemeinsam mit den Bandscheiben sowohl Stabilität als auch Beweglichkeit. Die Gelenkkapsel der Facettengelenke enthält im Gegensatz zur Bandscheibe zahlreiche Schmerzrezeptoren. Diese sorgen dafür, dass im Falle einer Reizung ein Schmerzsignal an das Gehirn weitergeleitet wird. Tief sitzende Rückenschmerzen sind typisch für das Facettensyndrom, die Schmerzen können aber auch gürtelförmig ausstrahlen oder in die Gesäß- und Oberschenkelmuskulatur ziehen. Im Tagesverlauf verschlimmern sich häufig die Schmerzen, insbesondere bei längerem Stehen und Gehen, im Liegen werden sie hingegen besser. Hohlkreuzstellung und Drehbewegungen belasten die Facettengelenke und können den Schmerz provozieren.
Der Abschlag beim Golf kann daher bei einem Facettensyndrom ganz schön schmerzhaft sein.
Übergewichtige Menschen leiden häufiger unter einem lumbalen Facettensyndrom, da ihre Lendenwirbelsäule mehr belastet ist.
Für die Diagnose reichen in der Regel die ausführliche Anamnese und eine sorgfältige körperliche Untersuchung aus. In manchen Fällen ist eine bildgebende Diagnostik sinnvoll. Knöcherne Veränderungen an den Facettengelenken, die im MRT sichtbar werden, sind jedoch nicht zwangsläufig die Ursache für die Schmerzen. Auch bei Menschen, die keine Beschwerden haben, finden sich altersbedingte Verschleißerscheinungen der Facettengelenke. Um herauszufinden, ob die Schmerzen von den Facettengelenken ausgelöst werden, kann der Arzt ein Schmerzmittel und ggf. eine geringe Menge Kortison in die kleinen Gelenke spritzen. Verschwinden dadurch die Beschwerden, gilt eine Facettengelenkarthrose als nachgewiesene Ursache für die Rückenschmerzen.
Meine Therapieempfehlung:
Bewegung ist eine der wichtigsten Maßnahmen, sie sollte nur richtig dosiert und angeleitet werden. Die physiotherapeutische Behandlung zielt schwerpunktmäßig auf den Aufbau der Rumpfmuskulatur. Dabei ist die stufenweise Anpassung der Therapie an die Beschwerden zu beachten. Die Bewegungstherapie kann mit Schmerzmedikamenten oder Facettenblockaden ergänzt werden, wenn die Schmerzen so stark sind, dass sie den Patienten für ein Training zu sehr einschränken. Erst wenn diese Maßnahmen nicht helfen, können auch invasivere Verfahren eingesetzt werden. Eine Methode ist die Thermodenervation, ein kleiner Eingriff, bei dem der schmerzleitende Nerv mit einer erhitzten Nadel verödet wird. Durch diese Schmerzreduktion soll der Patient wieder in die Lage versetzt werden, seinen alltäglichen Verrichtungen und sportlichen Aktivitäten nachzugehen. Kritiker merken an, dass dadurch auch die Bewegungsfühler (Propriozeptoren) beeinträchtigt werden und damit die feine Abstimmung der Bewegung in dem Wirbelsäulenabschnitt weniger gut funktioniert.
Beugen Sie vor!
Genauso wie die Therapie des Facettensyndroms besteht auch die Vorbeugung in einem Training zur Verbesserung der Beweglichkeit und Belastbarkeit.
Neben gezielten Aufbauübungen für die Rücken- und Bauchmuskulatur ist die allgemeine körperliche Bewegung, also z.B. viel Gehen, Radfahren oder Schwimmen, mindestens genauso wichtig.
Bei Übergewicht kann eine Gewichtsabnahme zu einer deutlichen Verbesserung führen.
Lesen Sie auch unseren Beitrag: Facetteninfiltration – Was man mit Spritzen erreichen kann .
Das ist ja mal ein informativer, sorgfältig mit Liebe zum Detail geschriebener Artikel. Vielen Dank! 🙂
Jetzt werden mir die Ergebnisse des MRT einleuchtender.Und vor allen Dingen die Behandlungsmöglichkeiten geben mir Hoffnung für eine Schmerzlinderung.Danke
Danke schön.Jetzt weiß man mehr.
Hallo,
Wenn man unter einem aktiven Facettensyndrom leidet….
Und noch nicht so alt ist.
Und sich für eine Verödung entscheidet. …
Und man wieder funktioniert. …
Auch wie gehabt Sport macht (nur das beste für die Wirbelsäule)
Dann kommt doch trotzdem irgendwann der Bumerang…. zurück.
Denn auskuriert wurde nichts.
Man funktioniert ..
Oder?
Antwort zum Kommentar s.Knopf
Die Facettendenervation kann nach einem durchleuchtungsgesteuerten Infiltrationstest mit örtlich wirkendem Betäubungsmittel als Therapieoption bei lokalem Kreuzschmerz in Betracht gezogen werden. Leider hat auch dieses Therapieverfahren einen zeitbegrenzten positiven Effekt. Nach ca. 1-1,5 Jahren haben sich die Nervenfasern regeneriert und melden wieder Informationen ans Gehirn. Allerdings kann das Verfahren wiederholt angewendet werden. In der Phase der reduzierten Beschwerden sollte unbedingt eine konsequente muskuläre Stabilisationsbehandlung durchgeführt werden, um durch leistungsfähigere Muskulatur die Facettengelenke zu entlasten.
Ein sehr gut verständlicher Kommentar zu den Möglichkeiten was man tun kann um die Schmerzproblematik zu verringern. Vielen vielen Dank dafür. Auch meine Trainerin u die Physiotherapeutin sagten mir dasselbe.
Muskulatur regelmässig trainieren, aufbauen im Rücken u Bauch, um ein stabiles Korsett längstmöglichst zu erhalten. Danke. B.B.
Danke, diese Beschreibung trifft es!
Jetzt kann ich mit der geäußerten Vermutung etwas anfangen.
Passen im Vorfeld kurzzeitige Empfindungdungsstörungen beim Gehen im Bein und ein Geräusch wie gedehntes Tauwerk bei Drehung und Streckung der LWS dazu?
Die Empfindungsstörungen, insbesondere im Bein gehören nicht dazu. In diesem Fall muss eine Nervenbeteiligung ausgeschlossen werden. Das Gefühl, weniger ein hörbares Geräusch, als würde Tauwerk gedehnt, passt zu den Schilderungen meiner Patienten mit einem Facettensyndrom.
Hallo
Wie kann man denn ein Lumbales Facettensyndrom von einer Lumboischialgie unterscheiden?
Hallo Frau I.,
das Wort Lumboischialgie beschreibt einen Schmerz ausgehend von der LWS (lumbo) und fortgeleitet in das Bein entsprechend des Versorgungsgebietes des N.ischiadicus (ischialgie). Leider kommt auch bei einem Facettensyndrom gelegentlich eine Fortleitung ins Bein vor, sodass die Unterscheidung, ob es sich um einen Nervenschmerz oder um einen nervenähnlichen Schmerz (fortgeleitet aus den Facettengelenken) handelt, nur durch eine ärztliche Untersuchung geklärt werden kann.
Viele Grüße vom Michel
Gute Information auf dieser Seite, vielen Dank, auch bei mir muss wieder mal eine CT gesteuerte Infiltration sein, Tabletten sind einfach nicht so wirkungsvoll und haben viele Nebenwirkungen. Was ich aber versäumt habe, ist das Training, langfristig und nicht nur dann, wenn es mal wieder kneift. Kann ich nur jedem mit diesen Problemen empfehlen, genau wie hier beschrieben, denn die Spritze alleine machts nicht. In meinem Fall hilft mir MedX, da isoliert trainiert wird.
Danke für den Tipp, dass man auch mit Bauch-Training die untere Lendenwirbelsäule kräftigen kann. Ich leide in letzter Zeit häufiger unter Rückenschmerzen und werde das mal abklären lassen. Vielleicht liegt es auch an meinem Stuhl im Homeoffice.
Frage: Ich leide zum dritten Mal an einen Lendenwirbel-Facettensyndrom. In den vorangegangenen Fällen ist mir die vorsichtige Einnahme von „Ibo 600“ sehr gut bekommen, so dass ich immer nach ca. 10 Tagen wieder schmerzfrei war und über lange Monate nichts mehr gemerkt habe.
Nun zu meiner Frage: Ist der Einsatz von Wärme oder Kälte oder keines von Beiden ratsam? Ich denke dabei daran: könnte man den Heilungsprozess des betroffenen Lendenwirbelbereiches mit einem Wärmewickel, Wärmeflasche etc. beeinflussen?
Für die Beantwortung meiner Frage möchte ich mich schon jetzt recht herzlich bedanken.
mfG
Lothar N.
Die Muskelschmerzen können häufig gut über Wärme beeinflusst werden, zum Teil ist auch die schmerzlindernde Wirkung der Kälte sehr hilfreich. Eine Gefahr eines negativen Effektes auf die Facettengelenke besteht nicht, damit kann beides „ausprobiert“ werden.
Hallo, wenn ich eine Behandlungs-Serie (3x im wöchentlichen Abstand) Facetten-Infiltrationen der LWS LWK 3 bis SWK 1 bds. durchführen lasse habe ich ca. 3 Monate Ruhe, manchmal auch länger. Danach das gleiche wieder, sodass ich im Jahr auf 3 Behandlungsserien komme. Bisher habe ich insgesamt 5 Behandlungsserien hinter mir da ich seit ca. 2 Jahren unter dem Facettensyndrom leide. Da ich Leihe bin und im Volksmund immer vor Kortison gewarnt wird habe ich etwas Sorge weiterhin Infiltrationen machen zu lassen. Ist diese Sorge berechtigt oder sind die Infiltrationen total unbedenklich? Ich weiß nicht, an welchen Punkt man sagt, so jetzt wäre die Denervation die bessere Wahl.
Würden Sie lieber so lange Infiltrieren bis es nicht mehr hilft/wirkt oder sagen Sie jetzt lieber Denervierung?
Über Ihre Einschätzung wäre ich sehr dankbar!
Das fortwährende Infiltrieren mit Cortison ist nicht unbedenklich. Daher sollte bei immer guter kurzfristiger Linderung eine Facettendenervation überlegt werden.
Guten Tag Herr Dr. Mallwitz, ich bin 39 Jahr alt und vor ca einem Jahr mit einem Facettensyndrom diagnostiziert worden. … Aktuell habe ich wieder sehr starke Schmerzen und weiss nicht, was ich tun kann. Ich bin zwischenzeitlich von München nach Berlin gezogen und habe hier bisher keinen Arzt gefunden, der mir ernsthaft hilft. Haben Sie einen Rat für mich? Danke!
Bitte wenden Sie sich an unser Rückenzentrum in Berlin Mitte:
Rückenzentrum Am Markgrafenpark
Dort finden Sie Spezialisten verschiedener Fachrichtungen – Fachärzte für Orthopädie und für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychologen, Physiotherapeuten und Sportwissenschaftler –. Sie alle arbeiten unter einem Dach interdisziplinär zusammen und garantieren eine optimale Therapiesteuerung. Ihr Schwerpunkt liegt insbesondere in der konservativen Therapie von Wirbelsäulenerkrankungen.